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Warum Südafrika Hoffnungsträger des Kontinents bleibt

Zwar blühen unter Präsident Jacob Zuma Korruption und Vetternwirtschaft, aber die Zivilgesellschaft ist stärker als gedacht. In den meisten großen Städten hat seine Regierungspartei ANC keine Mehrheit mehr.

Es war im Jahr 2011, nicht zu lange nach Beginn der unheilvollen Präsidentschaft von Jacob Zuma, da setzte der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zum letzten Loblied auf Südafrika an. „Als Nelson Mandela zum freien Mann wurde, jubilierte die Welt voller Freude“, sagte er, „seitdem steht Südafrika als Hoffnungspfeiler für Afrika.“

Derartig euphorische Stimmen waren schon damals selten – nun sind sie verstummt. Zu rücksichtslos und ungehindert hat Zuma die stolze Nation, gegen deren Unterdrückung einst Menschen in aller Welt protestierten, zu seinem persönlichen Selbstbedienungsladen umgestaltet.

Die internationale Gemeinschaft beobachtete resigniert, wie sich der einst so stolze Afrikanische Nationalkongress (ANC) zum gefügigen Gehilfen bei der Schaffung von Zumas Staat im Staat entwickelte. „Diese Regierung ist schlimmer als die während der Apartheid“, wütete der emeritierte Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, im vergangenen Jahr. Schließlich habe man von den Wächtern der Rassentrennung Ungerechtigkeit erwartet. Vom ANC nicht.

In den Chor der Hoffnungslosen stimmen in diesen Tagen viele ein. Zwei große Ratingagenturen haben die Kreditwürdigkeit Südafrikas auf Ramschniveau abgestuft, die Wirtschaft schrumpft, Investoren halten Abstand. Mit 27 Prozent ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie seit dem Jahr 2004 nicht mehr.

Mehr Parteien zur Auswahl

Und die indische Gupta-Familie machte sich Zuma derart gefügig, dass sie nach Gutdünken Ministerposten im Sinne ihres Konzerns besetzen konnte. Der Präsident und sein Umfeld reagieren mit rassistischen Beißreflexen und schimpfen auf das „weiße Monopolkapital“, dem vermeintlichen Ursprung allen Übels. Südafrika, so könnte man in diesen Tagen meinen, ist verloren.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Südafrika mag wertvolle Jahre verloren haben, doch seine Gesellschaft beweist derzeit, dass sie im Stande ist, weit mehr Widerstand gegen despotische Tendenzen zu leisten als zum Beispiel das Volk Simbabwes, das vom 93-jährigen Robert Mugabe bis zum letzten Atemzug ausgebeutet wird. Zuma hat ungewollt die Entwicklung des Landes zur Mehrparteiendemokratie beschleunigt.

Dank ihm hat die Opposition der Demokratischen Allianz (DA) und Economic Freedom Fighters (EFF) bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr fast alle Großstädte gewonnen. Darunter sind erstmals die Wirtschaftszentren Johannesburg und Pretoria, wo für die Bürger der Kontrast zur ANC-Verwaltung im Alltag spürbar wird. Zwei Drittel der Südafrikaner leben inzwischen in Städten und messen den ANC an der Gegenwart – und nicht der glorreichen Vergangenheit.

Die Partei stürzt Zuma nicht, aber auch intern ist der Widerstand so stark wie nie. Ihre Spitze weiß, dass sie wohl nicht bei der Wahl 2019, aber doch bei der Wahl 2024 bei anhaltendem Abwärtstrend die Macht auch national verlieren würde.

Unter den 40 reichsten Nationen der Welt

Zuma dürfte es deshalb kaum gelingen, wie geplant seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma als Nachfolgerin an der Spitze von ANC und Land zu installieren. Er selbst darf keine dritte Amtszeit antreten. Nie zahlte sich die Arbeit an der südafrikanischen Verfassung, die das verbietet, so aus wie jetzt. Bei ihrer Entstehung in den 90er-Jahren berieten übrigens auch die deutschen politischen Stiftungen.

Die aktuelle Krise ebnet damit den Weg für den aktuellen Vizepräsidenten Cyril Ramaphosa, der über ungleich höheres Wirtschaftsverständnis und internationale Reputation als Dlamini-Zuma verfügt.

Die Mittel in der richtigen Hand könnten schnelle Fortschritte bringen: Es wird bisweilen vergessen, dass Südafrika sowohl in Sachen Wirtschaftskraft als auch Regierungsbudget zu den reichsten 40 Nationen der Welt zählt. Die Zahl der Steuerzahler wurde zuletzt deutlich ausgeweitet. Noch mag das Geld nicht sinnvoll verwendet werden. Aber es ist da.

Die Infrastruktur bleibt die beste in Afrika, und sie profitiert davon, dass die Bevölkerung längst nicht so schnell wie in den meisten anderen Ländern auf dem Kontinent wächst. Herausragende Zeitungen wie der „Mail & Guardian“ und die „Sunday Times“ haben ihre Investigativteams ausgebaut. Mit Erfolg: Aktuell werden Tausende E-Mails enthüllt, die konkret wie nie das Zuma-Netzwerk offenbaren.

Rohstoffe sind gefragt

Derweil behauptet sich die Justiz trotz zahlreicher Unterwanderungsversuche Zumas weiter als überwiegend unabhängige Kontrollinstanz. Sie stärkte sogar die Rolle der Ombudsperson des Parlaments, nachdem diese die Korruption der Zuma-Administration aufgedeckt hatte. Die Empfehlungen dieser Instanz sind nun bindend, was künftigen Politikergenerationen die Plünderung der Staatskassen erschweren wird.

Vor allem aber ging die schwarze Bevölkerung zuletzt erstmals in Massen gegen den ANC auf die Straße. Der Druck ist bereits so groß, dass die ersten Vasallen Zumas in den Staatsfirmen abgesetzt wurden. Auch der traditionelle Bündnispartner, der mächtige Gewerkschaftsbund Cosatu, verweigert dem ANC unter Zumas Führung die Gefolgschaft.

Selbst die Währung, der Rand, verlor trotz Zumas unverhohlener Staatsplünderei nicht so viel an Wert, wie von vielen Analysten prognostiziert worden war. Die internationale Nachfrage nach Rohstoffen ist deutlich höher als noch vor zwei Jahren, die Landwirtschaft erholt sich von einer verheerenden Dürre.

Am Wichtigsten aber erscheint, dass das Land zu viele großartige Menschen hervorbringt, als dass es scheitern könnte. Wenn in einem Land eines der menschenunwürdigsten politischen Systeme des 20. Jahrhunderts besiegt werden konnte und dort Mandela, Tutu und der Herzchirurg Christiaan Barnard geboren wurden, dann spricht das für gewaltiges Potenzial.

Mehr gemischte Ehepaare

Tausende leisten auch im Kleinen herausragende Arbeit. Zum Beispiel der Abiturient Dario Trinchero, der im vergangenen Jahr die Mathematik-Weltmeisterschaft in seiner Altersklasse gewonnen hat. Der Polizist Andries Douglas, der vor seiner Schicht Frühstück für Obdachlose zubereitet. Oder der Arzt und Gründer der Tuberkulose-Hilfsorganisation „TB Proof“, Bart Willems, der sich einst selbst im Krankenhaus mit der Krankheit infizierte und wenige Jahre später mit 114 Meter Streckentauchen trotzdem einen nationalen Rekord aufstellte.

Unter vielen Südafrikanern gibt es eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft, was die Versäumnisse des Staates zumindest ein wenig auffängt. Das ließ sich zuletzt bestens bei Großfeuern am Westkap beobachten, als unzählige Spenden eingingen. Religiöse Spannungen erlebt man keine in Südafrika. Und es gibt weit mehr gemischtfarbige Ehepaare als noch vor zehn Jahren.

Schaut man zurück, dann fällt auf, dass die aktuelle Weltuntergangsstimmung in Südafrika ohnehin nicht ganz neu ist. Nach dem Ende der Apartheid sei ein Bürgerkrieg unvermeidbar, riefen viele. Eine Fußball-Weltmeisterschaft könne das Land nie stemmen, hieß es vor der WM 2010. Als sich auch das als falsch erwies, galt die These, dass mit dem Tag von Mandelas Tod der soziale Frieden Südafrikas vorbei sei.

So wenig, wie eines der oben genannten Szenarien eintraf, so wenig wird Südafrika auch diesmal dem fatalen Pfad Simbabwes folgen – auch wenn die aktuelle Herausforderung die größte seit Langem ist.

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