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Hilfe im Township: Die Robin Hood Geschichte einer Deutschen in Kapstadt

„Den Reichen nehmen, den Armen geben.“ – Dieses Robin-Hood-Motto hat sich Marlis Schaper zu Herzen genommen und umgesetzt.

Das ehemalige Model ist alles andere, als eine gewöhnliche Person: Sie hilft in Südafrika, unter anderem mit der Unterstützung von BILD und Regine Sixt, auf ihre ganz eigene Weise den benachteiligten Kindern aus den Townships.

Wir haben uns mit ihr getroffen, um mehr über ihre Geschichte und das Kinderhaus der Little Lambs zu erfahren.

Es ist ein warmer Dienstagmorgen; vor Marlis Schapers wunderschönem Haus in Hout Bay angekommen, bestaunen wir  noch die atemberaubende Aussicht, als die Grand Dame aus Sylt uns schon von der Loggia des Anwesens aus zuwinkt. An der Tür werden wir dann mit einem sympathischen „Och, ihr seid ja junge Hüpfer.“ begrüßt. „Ich darf das ja sagen, ich bin ja schon 72.“, fügt sie noch hinzu und führt uns dann gleich durch das beeindruckende Esszimmer auf die Loggia.

Wir nehmen draußen Platz und Frau Schaper klärt erst mal das Wichtigste: „Was wollen Sie denn gleich lieber haben? Stollen oder deutsche Würstchen? Oder beides?“ Wir entscheiden uns für die Würstchen und nachdem Marlis Schaper uns dann mit allem versorgt hat, erzählt sie uns ihre Geschichte.

KapstadtMag: Wie kam es dazu, dass Sie sich entschlossen haben, den Kindergarten in Hout Bay bauen zu lassen und sich um die benachteiligten Kinder der Townships zu kümmern?

Marlis Schaper: Nun zunächst war’s ja so, dass die Marlena van der Walt im Jahr 2000 mit ihrem Mann Johann van der Walt das Gelände gepachtet hat, um dort Platz zu schaffen, weil es da nichts gab, wo die Eltern ihre Kinder vormittags hinbringen konnten. Nur stand da damals nur eine Art Blechhütte und da waren dann von heut auf morgen 80 Kinder drin. Ohne Toilette, ohne Wasser, ohne alles. Da fehlte eben das Geld.

KapstadtMag: Und da kamen Sie ins Spiel?

Marlis Schaper: (Lacht) So ungefähr. Ich hab mir hier 2001 das Haus in Hout Bay gekauft und dann hab ich unten, wo dieser provisorische Kindergarten war einmal ein einziges kleines Kind davor sitzen und Matsch essen sehen. Ich bin dann sofort rein gegangen und in diesem Verschlag drin saßen die Kinder und eine Betreuerin. Da sachte ich nur: „Mensch, du musst doch aufpassen hier, das Kind isst ja Matsch.“ Da sagte die – Agnes heißt die, die ist heute noch bei uns: „Ja die haben nichts zu essen.“
Wie bescheuert man sein kann, nich? Da weiß man doch von dieser Armut und trotzdem komm ich nicht auf die Idee, dass die nichts zu essen haben. Die Kinder hatten auch alle ganz dicke Bäuche. Die waren wie tot.

KapstadtMag: War das für Sie der einschlagende Moment, in dem Sie wussten, dass Sie helfen wollten?

Marlis Schaper: Ich hab da in dem Moment gar nicht mehr gedacht. Nur, dass das so nicht geht und dann hab ich mich gleich in mein Auto gesetzt, bin zu Checkers gefahren und hab haufenweise Obst gekauft. Als ich an der Kasse stand, fiel mir plötzlich ein; ich hab gar keine Ahnung, ich hab keine Kinder – wann kriegen die denn Zähne? Dass die das überhaupt essen können. Dann hab ich mir ne junge Südafrikanerin geschnappt und sie gefragt. Die kannte auch den Kindergarten und hat mir dann geholfen das richtige Obst einzupacken. So und dann bin ich zurück, hab denen das gebracht und auch gesagt, ich werde jetzt jeden Tag, wo ich hier bin – ein halbes Jahr – den Kindern was zu essen bringen.

KapstadtMag: Nun sind Sie ja in Kapstadt aber nur den südafrikanischen Sommer über und die andere Hälfte des Jahres verbringen Sie auf Sylt, richtig? Wie lief das dann in dieser Zeit weiter?

Marlis Schaper: Genau. Ich bin ja dann auch wieder nach Sylt und als ich dann wieder kam traf ich auf eine Frau namens Renate, die von der württembergischen Kirche für das Aids-Programm in ganz Südafrika angestellt war. Die kam hier an und sagte zu mir: „Marlis, was du machst ist nicht christlich.“ – Und die hat Recht. – Ich hör mir ja immer erst mal alles an, bevor ich kritisiere und hab dann nur gefragt „Wieso?“. Da sagt sie: „Du musst bedenken, wenn du kleinen Kindern ein halbes Jahr lang Essen gibst und dann ein halbes Jahr lang nicht, dann machst du in der Seele der Kinder so viel kaputt, dass das schon sträflich ist. Entweder macht man das das ganze Jahr, oder man macht es eben nur ab und zu mal, dass die Kinder sich nicht dran gewöhnen.“
Da muss ich sagen, da hatte sie Recht und drum hab ich ihr direkt gesagt, sie braucht gar nicht weiter reden, ich mach das von nun an das ganze Jahr. Und mittlerweile haben wir auf dem Gelände für unsere Lambs auch alles was wir brauchen.

KapstadtMag: Inwiefern und in welcher Anzahl werden die Little Lambs  in ihrem Kinderhaus betreut?

Marlis Schaper: Wir haben momentan 250 Kinder im Alter von 10 Monaten und 6 Jahren bei uns und dann sorg ich noch dafür, dass wenn die Kinder zur Schule gehen, sie nach dem Unterricht auf dem Nachbarsgelände – iKhaya Le Themba – noch weiter betreut werden. Wobei die sich da ganz schön quer gestellt haben. Die betreuen nachmittags Schulkinder. Das wird durch einen holländischen Verein finanziert und die bekommen da wie unsere Kinder auch was zu essen, es werden Hausaufgaben betreut und Spiele  gespielt – und die haben sogar ein kleines Amphitheater, was wir auch mit finanziert haben – das hat ein Herz für Kinder unter anderem gemacht, denen wir alles über unser Projekt hier eingereicht haben…

KapstadtMag: Warum war es so schwierig, ihre Kinder ab dem Schulalter noch nachmittags bei dem Betreuungsprogramm iKhaya Le Themba unterzubringen?

Marlis Schaper: Die Gesellschaft, die das unterstützt, ist ein Aids-Programm. Die wollen unsere Kinder nicht haben, weil die ja schon selbst überlastet sind. Die wollen dann nur „Aids-Gefährdete“ und aus Aids-Familien kommende Kinder aufnehmen.

KapstadtMag: Und wie haben Sie sie dann doch noch überzeugen können?

Marlis Schaper: Ich kenn die ja, die das da leiten. Und die hab ich dann hier zu mir eingeladen. Da haben wir diskutiert und diskutiert und da hab ich gesagt: „Weißt du was, ich bin so intelligent, dass ich dich bescheißen kann nach Strich und Faden.“, ich sach, „Wenn ihr das nicht macht, eines Tages, dann besorg ich euch zu jedem Kind, was ich will was da bei euch betreut wird, ein Aids-krankes Elternteil – oder Großeltern. Das kostet mich n‘ Witz.“ Nur ist das ja keine Basis. Da kleben wir schon Backe an Backe sozusagen… und ich unterstütz die ja auch. Ja, und da hat man sich dann doch geeinigt und ich habe mich dann darum gekümmert, das ungefähr 150.000 Euro investiert wurden für Klassenräume, damit dafür dann unsere Little Lambs noch nach der Schule dort hin können.

KapstadtMag: Sie sagten einmal, dass Sie sich sonst gar nicht erst für ein solches Projekt eingesetzt hätten, wenn Sie nicht auch die Möglichkeit gesehen hätten, die Kinder auch nachdem sie ins Schulalter kommen, noch weiter betreuen zu können. Warum war Ihnen das besonders wichtig?

Marlis Schaper: 61% der Kinder im Mandela Park werden vergewaltigt; und diese Ziffer – das wurde mir vor 14 Tagen von einem Experten gesagt – ist noch untertrieben. Dabei kommt die erste Zahl schon von einem Experten, nicht von mir. Ich kann gar nix. Ich kann nur recherchieren und machen und tun; und das durchsetzen, was ich für gut halte, so dass die Kleinen so lange wie möglich unter Schutz und Betreuung sein können. Und nur so, wie ich denke, mach ich das auch. 90% von dem, was der Kindergarten gekostet hat, habe ich organisiert… und das waren über 500.000 Euro.

KapstadtMag: Worüber kommen all die Spenden, die Sie für die Little Lambs sammeln denn zusammen?

Marlis Schaper: Einmal aus meinem Bekanntenkreis – so fing es an. Da hab ich in 11 Jahren so 250.000 zusammen gesammelt. 75.000 kamen von Regine Sixt – die von der Autovermietung – und 225.000, so was um den Dreh kamen durch „Ein Herz für Kinder“.

KapstadtMag: War die Unterstützung der BILD Initiative „Ein Herz für Kinder“ eine einmalige Sache oder ist da noch weiteres geplant?

Marlis Schaper: Ja klar, mit denen stehe ich immer noch in Verbindung. Die unterstützen mich auch mit anderen Dingen. Muss ich mir halt nur immer was einfallen lassen, dass die uns da auch nicht vergessen.

KapstadtMag: Sind Sie der Meinung, dass mehr wohlhabende Leute für die Ärmeren – wie etwa die Kinder aus den Townships in Südafrika – spenden sollten?

Marlis Schaper: Aber klar. Besonders, wenn sie doch hier leben. Da kommen die aus Deutschland, Holland oder sonst wo hier eingewandert und freuen sich über das tolle Wetter und billigere Preise und dann wollen die noch nicht  mal was für die Kinder hier geben. Das find ich schon ne Frechheit muss ich sagen und ich sag das ja dann auch – zu Leuten, wo ich ja weiß, dass die viel Geld haben; oder zumindest, die dann immer so tun, als wären sie Multimillionär und dann wollen sie da nicht mal ein paar Rand für die Kinder und das Land, was sie sich ausgesucht haben und wo sie seit Jahren ein halbes Jahr steuerfrei das Leben genießen, geben. Hat auch wieder Freundschaften gekostet, aber das ist mir auch egal, mit so Leuten will ich dann auch nichts zu tun haben.

KapstadtMag: Es steckt ja nun aber auch sicherlich viel Arbeit hinter ihrem Projekt. War es da nicht trotzdem manchmal schwierig gewesen, das das ganze Jahr über durchzuziehen und davon die eine Hälfte des Jahres auch noch alles von einem anderen Kontinent aus zu planen?

Marlis Schaper: Na klar. Einfach ist das nie. Aber ich hab nur gesehen, dass da ein Problem ist und das man da was machen muss. Die Renate hatte ja damals schon gesagt, es nützt den Kindern nichts, wenn du das mal ein oder zwei Jahre machst, weil du Langeweile hast und den Kindern Essen geben willst. Das bringt denen nichts. Dann lass es gleich bleiben. Du musst dir überlegen, ob du die Nerven hast, zwei Schritte vor zu gehen und manchmal drei Schritte zurück. Und da hab ich damals gesagt: „Weißt du, ich bin jetzt 30 Jahre verheiratet – die Nerven hab ich.
Sie hat mich dann auch unterstützt und als ich dann wieder auf Sylt war, hat sie das dann für mich übernommen bis ich wieder da war und ich hab ihr dann das Geld gegeben. Aber das war ja zu einer Zeit, wo noch gar nicht die Möglichkeit bestand, da was zum Kochen hin zu stellen. Heute, mit dem Grundstück und dem eingerichteten Kindergarten ist das ja was anderes. Da läuft das dann auch, wenn ich nicht da bin. Ist ja eine richtige Vorschule mittlerweile.

KapstadtMag: Und heute?

Marlis Schaper: Heute ist alles so, wie es sein soll. Wir haben das Gebäude auf dem YMCA Gelände über die Jahre komplett ausgebaut, mit großem Garten und Spielplatz und allem drum und dran. Die Kinder bekommen Unterricht in verschiedenen Klassen, die ganz Kleinen haben ihren Schlafraum, wo sie den Mittagsschlaf machen können… Dann bringen wir denen auch so Grundsätzliches bei, dass die sich die Hände waschen vor dem Essen und so alltägliches. Aber man lebt halt weiter von Spenden. Nur irgendwo muss man ja anfangen; und die Kinder von klein an zu betreuen, dass die was lernen und Bildung erfahren – das ist das ja das Wichtigste.

Interview geführt von Maike Fröhlingsdorf 

Quelle: http://www.kapstadtmagazin.de/

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